Vom Mittelalter bis in die heutige Zeit.


7. Der Fall - Michael T., der Muttermörder (1993)

Eine übermächtige Mutter, die an allem, was ihrem Sohn Freude bereitet, etwas auszusetzen hat.

Ein grauenhaftes Blutbad richtet ein 26-jähriger Student im März 1993 in Wien-Währing an: Nach einem Streit ersticht er seine 59-jährige Mutter, schneidet ihr den Kopf ab und deponiert seine furchtbare „Trophäe“ in der Boutique seines Opfers. Kurz darauf kann der Mann von der Polizei in dem Geschäft überwältigt werden und legt ein grausiges Geständnis ab.
Ein junger Mann aus guter Familie, der Vater ein Graf, der einem uralten ungarischen Adelsgeschlecht entstammte – die Mutter Ildiko eine erfolgreiche Geschäftsfrau, die sich nach der Geburt ihres einzigen Kindes scheiden lässt, in einer Boutique in Wien-Währing edle Garderobe sowie Designer-Mode verkauft. Und Sohn Michael abgöttisch liebt, ihm ein Leben in Luxus bietet. Ihrem „Prinz“, wie sie ihn schon seit frühester Kindheit liebevoll nennt, soll es an nichts fehlen: eine 115-Quadratmeter-Wohnung in der exklusiven Lage des Wiener Villenviertels Döbling, mehrere Autos, teure Kleidung und immer wieder Bargeld, wenn dem Sohn wie so oft das Geld ausgeht.
Unter dem Deckmantel dieser Idylle aber gärt es gewaltig. Michael T., er ist hochintelligent, sehr stolz auf seine aristokratische Herkunft – und offenbar einem „Adelswahn“ verfallen: ständig beschwert er sich bitterlich bei seinen wenigen Freunden über „die Mutter, die unser blaues Blut besudelt, wenn sie im Geschäft steht und dort Fetzen verkauft…“
Ein Wahn, der sich manifestiert, immer mehr Besitz nimmt von dem 26-Jährigen. Hochexplosiv, von brisanter Gefährlichkeit, aber noch immer gut verborgen in dieser Idylle von scheinbarer Harmonie. Bis zu einem Sonntagmorgen im März 1993: Michael T. hat die ganze Nacht vor dem Fernseher in der elegant eingerichteten Wohnung der Mutter in Wien-Währing verbracht. Als die 59-Jährige in der Früh aufsteht, macht sie ihm deshalb einige Vorwürfe. Eine belanglose Auseinandersetzung; Vorhaltungen, eigentlich bedeutungslos und unwesentlich. Deshalb erkennt die Geschäftsfrau auch nicht, als in ihrem „Prinzen“, dem Sohn, den sie so liebt, plötzlich alle Schranken fallen; wie blutrote Phantom-Gespenster.
Ildiko T. begreift die Gefahr erst, als Michael mit einem Messer in der Hand vor ihr steht. Das Grauen ist da, das Erkennen zu spät.
„Bist du Gott?“ – die letzten Worte der Frau.
Erst zwingt Michael T. seine Mutter, sich nackt auszuziehen, schneidet ihr dann die Haare ab. Diese rötlich gefärbten Haare, die er wahnhaft hasst, weil sie für ihn „das Zeichen des Bösen sind“.
Danach misshandelt er die 59-Jährige, brutal und voller Hass, bricht ihr beide Arme – „damit sie mich nicht mehr dirigieren kann“. Die Halluzinationen eines 26-Jährigen, der nun kein Erbarmen mehr kennt.
Sekunden später packt Michael T. ein Jagdmesser, rammt seinem Opfer die Waffe ins Genick: 15 Stiche, voller Wucht; die Geschäftsfrau hat nicht den Funken einer Chance – der Sohn, nebenbei auch ein passionierter Jäger, er „legt mit 15 Stichen die Vitalzentren lahm“, so hat er es als Waidmann im Revier gelernt; „bricht“ die Mutter auf wie ein Wild. Diese Frau, die ihr Kind abgöttisch geliebt hat, ist bereits tot, als der Sohn zum letzten Stich ausholt, ihr das Messer ins Herz stößt.
Das blutige Finale, wie eine Szene aus einem Horrorfilm: Michael T. nimmt ein Wiegemesser, trennt den Kopf ab – und spießt ihn auf die Mordwaffe. Das Werk eines Wahnsinnigen, in seinem Hass grenzenlos, der sich offenbar das Wappen seiner ebenfalls aus einem ungarischen Adelsgeschlecht stammenden Mutter zum Vorbild nimmt – einen Krummdolch mit dem aufgespießten Kopf eines besiegten Feindes…
Danach versteckt Michael T. seine blutige „Trophäe“ in einem Plastiksack, will mit der grausigen Last in seinen Händen aus dem Wohnhaus flüchten. Als er Minuten später durch das Stiegenhaus hetzt, kommt ihm ein Nachbar entgegen, voller Sorge, tief beunruhigt: „Haben Sie diese Schreie auch gehört…?“
Der Student, ganz ruhig und gelassen zeigt er mit seiner blutverschmierten Hand auf den abgetrennten Frauenkopf in dem Sack: „Ja, das war sie, die geschrien hat…“, dann läuft er weiter, teilnahmslos und völlig ungerührt.
Der zutiefst geschockte Nachbar alarmiert sofort die Polizei – die ersten Funkwagen rasen zu der Adresse, finden die grauenhaft verstümmelte Leiche der Frau – eine Großfahndung nach dem Sohn wird eingeleitet. Michael T. indes hastet weiter, durch ein paar Gassen; in der einen Hand noch immer den Sack mit seinem grausigen Inhalt – aus dem Beutel tropft Blut, markiert die unheimliche Spur des Muttermörders auf dem Asphalt der Gehsteige…
Das Ziel des 26-Jährigen: das Geschäft seiner Mutter, das nur zwei Straßen entfernt ist. Minuten später steht der Student vor der Auslage der Boutique „Beatrice“; wie von Sinnen zertrümmert er das starke Glas der Auslage, wirft Kleider, Schuhe, die Geschäftsbücher, auf die Straße, verwüstet das gesamte Inventar. Dann legt er den Kopf seiner Mutter auf das Verkaufspult – der Schlusspunkt einer entsetzlichen Tragödie: Der „Sitz des Bösen“, er ist nun am „Ort des Bösen“, wie der Täter später gleichmütig gesteht. Kurz darauf hat das Grauen ein Ende – der blutbesudelte Student und angehende Akademiker der Wirtschaftsuniversität Wien wird von den Einsatzkräften der Polizei überwältigt und festgenommen. Seine einzige Erklärung: „Ich wollte die Welt von meiner Mutter befreien…“.
Neun Monate später muss sich der Muttermörder vor Gericht verantworten und wird als „zum Tatzeitpunkt unzurechnungsfähig“ verurteilt. Weil Michael T. – so zwei Gutachter – an einer schizophrenen Psychose litt, als er seine Mutter abschlachtete. Die dringende Empfehlung der Experten: Einweisung in die Psychiatrie, da „eine nicht von der Hand zu weisende Gefahr eines neuerlichen Aggressionsdurchbruchs besteht. Deshalb soll der Mann von der Bevölkerung ferngehalten werden.“ Der Student wird in die geschlossene Abteilung der Baumgartner Höhe, in den Pavillon 23, eingewiesen.
Doch nur ein Jahr später die erste unverständliche Entscheidung: Trotz der diagnostizierten Gefährlichkeit darf Michael T. immer wieder Freigänge unternehmen, ist auch oft am Tatort in der Wohnung in Wien-Währing zu sehen. Ebenso besucht der Geisteskranke Partys, tanzt nur zwei Jahre nach der Bluttat an der Mutter bei seiner Geburtstagsparty Rock and Roll und kann, eine weitere kaum fassbare Regelung der Justiz, seine Mutter auch noch beerben. Jene Frau, die er so unsagbar grausam ermordet hat. Mehr als 2,5 Millionen Schilling erhält Michael T. – weil er die 59-Jährige laut Gerichtsurteil „nicht mit Absicht getötet hat“.
Im Juni 1999, nur sechs Jahre nach dem grauenhaften Blutbad, wird Michael T. als „geheilt“ entlassen. 

Rotraut Perner, Universitätsprofessorin für Gewaltprävention: „Dabei benötigen gerade solche Täter, die auch weiterhin als tickende Zeitbomben eingestuft werden, permanente Betreuung. Außerdem müssten auch die Behörden wie Polizei und Bewährungshelfer von einer etwaigen Entlassung informiert werden. Auf der einen Seite, um der Person auch beistehen zu können, wenn sie wieder in eine Krisensituation gerät. Andererseits ebenso zum Schutz der Bevölkerung, denn gerade jene Täter, die als geistig abnorm eingestuft werden, können jederzeit einen Rückfall haben.“
Michael T. aber setzt sich mit seinem Erbe heimlich nach Ungarn ab, in die Heimat seiner Vorfahren; meldet seine Abreise auch nicht, wie vorgesehen, der österreichischen Justiz, kann völlig ungehindert untertauchen. Wohnt in einem Hotel, verprasst die Millionen, seine gesamte Hinterlassenschaft. Fällt abermals unangenehm auf, belästigt ständig die Gäste und zündet im Hof des Hauses ein Lagerfeuer an. Dann dreht Michael T. erneut durch: Als der Direktor ihn hinauswerfen will, bedroht er den Mann, setzt dem Hotelier ein Messer an den Hals – und wird ein weiteres Mal verhaftet.
Kurz darauf steht der ehemalige Student und Muttermörder wieder vor Gericht. Dabei stellt sich heraus, dass bereits 1999 eine behandelnde Ärztin eindringlich vor der Entlassung aus der Psychiatrie abgeraten hatte, weil „das Krankheitsbild noch immer nicht restlos abgeklungen ist“. Ein unfassbarer Skandal, denn diese Beurteilung blieb offenbar von der Justiz unbeachtet – Michael T. kam damals trotz dieser Warnung frei. Das Urteil in dem neuen Prozess: Michael T. muss zurück in die Psychiatrie.
Ob der Muttermörder in der Zwischenzeit wieder unter uns lebt, verrät die Justiz nicht; ebenso bleib auch die Polizei uninformiert. 

Einziger Kommentar: „Er lebt…“

Quellen: - Spuren des Bösen – Österreichs gefährlichste Verbrecher (von Alexandra Wehner) Ausgabe 2007 – S.137 – ISBN 978-3-8000-7310-8
- Dieser spektakuläre Fall wird ebenfalls in: Mord - Die spektakulärsten Mordfälle Österreichs – Psychogramme, Bilder und Berichte (von Andreas & Regina Zeppelzauer) Graz 2005 – S.114 – ISBN 3-85365-215-8

Nachwort:
Der vollständige Name und Bilder des Mörders sind mir bekannt und liegen "erichs-kriminalarchiv.com" vor. Sie dürfen allerdings aus rechtlichen Gründen weder genannt noch veröffentlicht werden. Bitte haben Sie dafür Verständnis. Danke!

                                                                                   - erich -

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