27. Fall - Hubert Pilčík (1951)
Ein wahrscheinlich vielfacher Mörder.
Die politische Änderungen nach dem 25. Februar 1948 wurden Ursache der Bürgermassenemigration aus der damaligen Tschechoslowakei. Man schätzt, dass nach diesem Datum mindestens 250.000 Menschen ins Ausland flüchteten. Hubert Pilčík aus Senec bei Pilsen bot den Bewerbern einer Auswanderung an, sie über die Grenze zu schleusen. An entfernten Plätzen ermordete er sie. Alle persönlichen Sachen und das Gepäck behielt er. Es gelang nie, die Zahl seiner Opfer zuverlässig festzustellen.
Hubert Pilčík
Hubert Pilčík, am 14. Oktober 1891 in Nový Hrozenkov geb. - am 9. September 1951 gest. (Selbstmord) war ein tschechoslowakischer Serienmörder, Menschenhändler und ländlicher Kräuterkundler. Nach dem Zweiten Weltkrieg begann Pilčík mit dem Schmuggel von Menschen über die Grenze von der Tschechischen Republik nach Deutschland. Er fing 1948 an, seine Kunden zu attackieren, obwohl er schon im Seniorenalter war. Nach seiner Gefangennahme beging Pilčík am 9. September 1951 in einem Gefängnis in Plzeň Selbstmord. Ihm wurden 5 Morde vorgeworfen, obwohl die genaue Zahl seiner Opfer unbekannt ist und blieb, wurden alle Ermittlungsunterlagen vom kommunistischen Regime vernichtet.
Hubert Pilčík wurde am 14. Oktober 1891 in Nový Hrozenkov, Kreis Vsetín im heutigen Tschechien geboren. Er durchlief zahlreiche Anstellungen und endete schließlich im Škoda-Werk in Pilsen, wo er bis zu seiner Pensionierung blieb. Er war mit seiner 11 Jahre jüngeren Frau Antonie verheiratet. Ihre Ehe war kinderlos.
Nach der Machtübernahme der kommunistischen Partei 1948 wanderten bis zu 250.000 Menschen aus der Tschechoslowakei aus. Viele Menschen nutzten die Dienste von Menschenschmugglern, um in den Westen - entweder nach Deutschland oder Österreich zu gelangen.
Vom Brand zerstörtes Hegerhaus "Lipovka"
Am Abend des 6. März 1951 brach in einem verlassenen Forsthaus „Lipovka“ in der Nähe Dorfs Nekmíř im Kreis Pilsen ein Feuer aus.
Am nächsten Tag wurden beim Brandortsbefund in der Ruine verkohlte menschliche Überreste gefunden.
In Bezug auf einen hohen Grad des Gewebe- und Gebeineabbrennens der Leiche entstand der Verdacht, dass der Körper eines unbekanntes Menschen mit einem entflammbaren Stoff übergossen und angezündet wurde. In der Nähe der Leiche fand man Gegenstände, die nicht geschmolzen waren - eine Spange, eine Metallstrebe für Halskragen und Scherben aus einer Diopter Brille. Auf dem Hals der Leiche wurde ein Kettenteil gefunden. Aus diesen Funden entstand die Vermutung, dass es sich hier um einen Mann handelt. Durch die Obduktion konnte eindeutig nachgewiesen werden, dass der Tote ein Mann, mit einer Körpergröße von 170-175 cm und einem Alter zwischen 50-60 Jahre war. Weitere Befunde der Gerichtsärzte deuteten darauf hin, dass der Mann noch bei lebendigem Leib verbrannt war. Die unmittelbare Todesursache stellten sie aber nicht fest.
Am 20. Juli entblößten Kinder, die im Wald in der Nähe der Stadt Senec im Sand spielten, ein menschliches Bein. Das führte zur Entdeckung eines flachen Grabes, welches die halbnackte Leiche einer verwesende Frau im Alter von etwa 30 Jahre enthielt. Der Frau hatte man ein Seil um den Hals gebunden und aus ihrem Mund ragte ein Knebel empor. Schon auf den ersten Blick lag es auf der Hand, dass sie ermordet wurde.
Die Weite zwischen dem Fundort der abgebrannten Leiche des Mannes und dem Fundort der ermordeten Frau betrug ungefähr 10 km. Wie die Gerichtsärzte feststellten, lag der Körper etwa 3-5 Monaten im Grab.
Durch eine bestimmte zahnärztliche Arbeit konnte das weibliche Opfer identifiziert werden. Ein Kriminalist hatte mühevoll alle Zahnärzte und Zahnlaboranten besucht und ihnen die Zahnkronen vorgelegt. Ende August 1951 erkannte ein Pilsner Zahnarzt seine Arbeit und gab Name und Adresse der Patientin an, für die er die Zahnkronen anfertigte. Es handelte sich um Renata Balleyová, am 1. Januar 1920 geboren. Sie war ledig und arbeitete als Fotografin in Pilsen.
Unmittelbare Befragungen von Verwandten ergaben, dass Renata und ihr Vater Emanuel beabsichtigten, illegal aus der Tschechoslowakei auszuwandern. Sehr bedeutend war die genauere Beschreibung von Emanuel Balley und seiner Tochter Renata, die die Verwandten und Bekannten abgaben. Diese Beschreibung korrespondierte mit einigen Merkmalen der beiden gefundenen Leichen. Entscheidend war außerdem die Behauptung einer der Verwandten, dass Renata Balleyová mit ihrem Vater und ihrer 12-jährigen Nichte die Grenze überschritten hätten und sie sich jetzt in Bayern befänden. Diese Behauptung wies sie mit einigen Briefen aus Bayern nach, die mit der Hand der 12-jährigen Nichte geschrieben wurden. Sie gestand, dass auch sie emigrieren und den Grenzschlepper in seinem Haus in Senec besuchen wollte. Sie nannte das Haus Nr. 149, in dem Hubert Pilčík mit seiner Frau wohnte.
Den Widerspruch, zwischen der Tatsache - dem Tod Renata Balleyovás und ihres Vaters - verbundenen mit der Behauptung, dass die Beiden bereits hinter der Grenze gemeinsam mit ihrer Nichte lebten, konnte nur Schlepper Pilčík beseitigen. Zu seiner Person wurde es festgestellt, dass es sich um einen Rentner mit guter Reputation handelt. Er sammelte Heilpflanzen, ging oft ins Grüne und machte lange Fußwanderungen. Er liebte Vögel und duldete nicht, eine Kiefer zu fällen, in der sich Vogelnester befanden. Er behauptete über sich, dass er Matrose war und dass er sich aus der Titanic im Jahre 1912 rettete.
Die gefundenen Waffen im Haus von Hubert Pilčík
Anfang September 1951 wurde Hubert Pilčík auf eine etwas unübliche Weise festgenommen. Zwei Polizisten in Arbeitshosen traten unter dem Vorwand des Stromzähleraustausches ins Haus ein. Als sie feststellten, dass Pilčík allein war, nahmen sie ihn fest. Pilčík war zwar ein sehr gefährlicher Täter, aber es stand gerade keine weitere Einsatztruppe zur Verfügung. Also musste die Verhaftung den Umständen entsprechend angepasst werden.
Noch am gleichen Tag wurde eine Hausdurchsuchung vorgenommen, bei der Beweismittel zutage gefördert werden konnten, die Pilčík als Mörder von Renata und ihrem Vater überführten. Außerdem verdichtete sich die Vermutung, dass er als Täter weiterer Morde in Betracht kommt.
In der Wohnung wurden unter anderem vier Schusswaffen (einschließlich Maschinenpistole) und reichlich Munition gefunden.
Zahlreiche Gegenstände von verschiedenen Opfern befanden sich in Koffern. Zwischen all den vielen Schmuckstücken war auch der Schmuck, welcher der ermordeten Renata Balleyová gehörte. Bei der Durchsuchung eines Schuppens wurde ein verborgener Raum entdeckt, wo verschiedene Koffer mit Herren- und Damenkleidung gestapelt lagen. Auch ein abgebrannter Personalausweis befand sich mittendrin. Zwölf teure Pelzmäntel konnten gesichert werden.
Schließlich konnte noch die 12-jährige Nichte gerettet werden. Sie wurde von Pilčík in einem versteckten Verschlag des Schweinestalls gehalten.
Kiste, in der Pilčík den Kopf des 12-jährigen Mädchens festband.
Besonderes Aufsehen erregte ein Gerät, das man im Schuppen fand. Es bestand aus zwei längeren Brettern mit Riemen und einer speziellen Kiste. Später gestand Pilčík unter der Last der Beweise, dass er mit diesem Gerät die 12-jährige Nichte folterte. Er gurtete das Mädchen an die Brettern an und steckte ihren Kopf (wegen ihrer Schmerzensrufe) in die spezielle Kiste mit Doppelwand, die mit Fetzen aus Stoff ausgefüllt war. Im Deckel war ein Metallröhrchen für Luftzufuhr eingelassen, welches sie im Mund haben musste. Auf diese Weise wurde sie zwei Monate bis 16 Stunden täglich gefangen, sie durfte nicht die Toilette besuchen oder sich gegen Insekten wehren. Sie wurde nicht nur gefoltert, sondern auch ständig sexuell missbraucht. Pilčík diktierte ihr auch die Briefe, die beweisen sollten, dass alle zufrieden und glücklich in Deutschland sind. Diese Briefe gab er persönlich bei den Verwandten und Bekannten der Ermordete ab und für jeden Brief verlangte er Schmuckstücke.
Zuerst lehnte Pilčík jegliche Schuld ab. Unter der Last der Beweise gestand er schließlich doch. Am 6. März habe er Herrn Emanuel Balley in das Hegerhaus "Lipovka" gelockt, unter dem Vorwand, sich mit einem Schlepper zu treffen. Pilčík empfahl ihm dort, sich vor der Reise gut auszuschlafen. Als Balley eingeschlafen war, schlug Pilčík ihm mehrmals mit einem Schlagstock auf den Kopf, bedeckte ihn mit Heu und Stroh, begoss alles noch mit einer brennbaren Flüssigkeit, die er im Hegerhaus fand. Dann zündete er das Haus an. Die Sachen des Opfers brachte er nach Senec.
Pilčíks Folterinstrument
Elf Tage später lockte er unter dem gleichen Vorwand Renata Balleyová in den Wald bei Senec. Als sie ihm den Rücken zudrehte, schlug Pilčík auch ihr mehrmals mit einem Schlagstock auf den Kopf, band eine Schnur um ihren Hals, gab ihr einen Knebel in den Mund und vergrub sie im Sand. Ihr gesamtes Gepäck und persönlichen Gegenstände nahm er mit nach Hause.
Der Kopf von Hubert Pilčík
Weiter gestand Pilčík, dass sämtliche Zeugen, u.a. die 12-jährige Nichte, ein weiterer Verwandter von Balley und dessen Gattin, die emigrieren wollten, ermorden werden sollten. Er hatte bereits ihr Todesdatum festgelegt. Am 9. September 1951 sollte alles stattfinden.
Stattdessen fand er sich am geplanten Tag ihrer Ermordung in einem Gefängnis wieder. Dort beging er Selbstmord. Er erhängte sich auf zwei Taschentüchern.
In Bezug auf eine große Menge gefundener Herren- und Damenkleidungen, Beschuhungen und Koffer ist wahrscheinlich, dass Pilčík mehrere Emigranten ermordete, die versucht hatten, den Eisernen Vorhang zu überwinden.
Diese Hypothese unterstützt auch die große Menge der Schmuckstücke, die zum einzigen Zahlungsmittel der Emigranten im Ausland wurden. Zu dieser Zeit war das die einzige „Währung“ von Wert für Auswanderer.
In der Volkskultur
Die Geschichte von Pilčík wurde als Grundlage für eine der Episoden der Fernsehserie „Dreißig Fälle von Major Zeman“ (30 případů majora Zemana) 1975 gedreht. Die von Pilčík inspirierte Episode heißt „The Beast“ (Bestie).
Quellen: kriminalistika.eu und erichs-kriminalarchiv.com