1. Der Fall - Greger Rühel
Gegen Abend des 1. Juni 1583 begehrte ein Edelmann, der mit einem vierspännigen Wagen reiste und aus Prag kam, bei einem Wirt namens Greger Rühel eine Herberge. Das Wirtshaus selbst lag unterhalb der Enns, dreieinhalb Meilen von Wien (ca. 22,5 km) und eine halbe Meile von Kornenburg (ca. 3,5 km) entfernt, an der Straße von Wien nach Prag. Es gehörte zum Flecken Rohrbach, ins Amt Greitzenstein. Greger Rühel bewirtete hier seit vielen Jahren unterschiedliche Gäste und machte gute Geschäfte.
Der Edelmann wollte die Nacht über hier herbergen und fragte den Wirt, ob er zu essen und zu trinken hat. Darauf antwortete ihm der Wirt, er habe Essen und Trinken genug für Geld, worauf der Junker sagte: „Ihr werdet es mir nicht umsonst geben.“
Als nun der Junker gespeist hatte, fragte er den Wirt, was er verzehrt habe. Auf diese Frage erhielt er aber keine Antwort. Daraufhin rechnete er mit ihm ab. Das Essen kostete dem Junker dreieinhalb Taler, die er dem Greger Rühel gab. Den Rest des Geldes, welches er bei sich hatte, behielt er zurück. Zu seinen Knechten gewandt sagte er, sie sollten sich um die Rosse kümmern und ihnen das Nachtfutter geben, was diese auch taten.
Inzwischen ließ sich der Junker vom Wirt das Bett weisen, der ihn durch drei Kammern führte. Als sie aber vor die vierte Kammer kamen, ging der Wirt zuvor hinein und bedeutete dem Junker ihm zu folgen. Als dieser vortrat, fiel er in eine tiefe Grube, worin er starb.
Nachdem die Knechte gegessen hatten und in das Wirtshaus gingen, fragten sie, ob der Junker zu Bett sei und ob sie nicht noch etwas zu trinken bekommen könnten. Darauf antwortete ihnen der Wirt mit „Ja“ und ließ ihnen eine Kanne Wein einschenken. Dann trank er hinterhältig den beiden Knechten zu. Nun ließ er den armen Kerlen zwei Kannen einschenken, vom Hausknecht aber Gift hineinschütten und ihnen geben. Sie sollten ihm ebenfalls bescheid tun oder zutrinken. Darauf gingen sie zu Bett und waren am anderen Morgen tot.
In dieser Nacht lagen aber auch drei Landsknechte in der Herberge. Als sie sahen, dass weder der Junker noch seine Knechte am anderen Morgen aufstanden, wunderten sie sich heftig darüber und mutmaßten, dass es mit dem Junker und seinen Knechten nicht recht zugehen könne. Der Wirt wird sie gewiss umgebracht haben, vermuteten sie. Still beredeten sie sich untereinander und beschlossen dem Junker von Rühl auf Greitzenstein diese ungeheuerlichen Taten anzuzeigen. Als der Junker den drei Landsknechten zugehört hatte, sagte er, er wollte 100 Mann zu sich nehmen und sehen, dass er dieses Wirtes habhaft werden kann, denn er war sein Untertan.
Am Abend des 16. Juni 1583 um zehn Uhr umringte der Junker mit seinen Leuten das Haus und nahm den Wirt gefangen. Ohne Umstände befragte er den Greger Rühel, wie er es mit den Gästen mache und ob er sie umbringe, worauf Greger Rühel erschrak und keine Antwort geben konnte. Man führte ihn nach Greitzenstein, wo er acht Tage im Kerker saß. Hier bekannte er, dass er 185 Personen auf die scheußlichste Weise ermordet hatte. Er führte seine Opfer jedes Mal durch drei Kammern und wenn er sie in die vierte Kammer gelockt hatte, ließ er sie in eine etliche Klafter tiefe Grube fallen, worin sie ihren Geist aufgaben. Wenn sie dort aber nicht sofort starben, warf er Pulver und Feuer auf sie, woran sie erstickten. Wenn sie tot waren, nahm er sie heraus und zerhaute sie in viele Stücke. Das Beste habe er gekocht, zurichten lassen und den anderen Gästen mit dem Hinweis, es wäre Fleisch von jungen Schweinen, zu essen gegeben.
Im Gefängnis begehrte Greger Rühel, man möge noch bei seinen Lebzeiten seine Güter schätzen und ihm ihren Wert berichten. Danach, so der Verbrecher, wollte er um seiner begangenen Übeltaten willen gern sterben und bat, dass man ihm sein Leben verkürze. Der Wert des Goldes und des Geldes wurde auf 35.000 Gulden geschätzt. Die Güter erzielten einen Wert von fast 33.000 Gulden.
Die Hinrichtung verlief bekannt grausam: Jeden Tag „löste“ man ihm ein Glied ab, was bis zum achten Tag andauerte. Dann setzte man ihn auf einen Wagen und riss ihn mit glühenden Zangen. Schließlich wurde er lebendig gespießt, wobei das Ende noch theatralisch verlief: Und als ihn der Henker vom Leben zum Tod gebracht hatte, so der Text des Einblattdruckes, und das Volk auf dem Heimweg war, kam ein so gewaltiger Sturmwind auf, dass er vielen Personen Schaden zufügte oder sie umwarf. Dieser Sturm riss schließlich den armen Sünder mit dem Spieß hinweg, so dass niemand mehr wusste, wo er hingekommen war. Viele, so wird behauptet, sahen das. Vermutlich war er an keinem guten Ort. Als der Henker am dritten Tag wieder hinausging, sah er, wie Greger Rühel wieder am Spieß steckte. Sein Gesicht war auf den Rücken gekehrt.
Quellen: - Historische Serienmörder vom späten Mittelalter bis zum Ende des 19. Jahrhunderts (von Michael Kirchschlager) 1. Auflage 2007 – S.71 – ISBN 978-3-934277-13-7
2. Der Fall - Hans Hofmann von Labetshausen
Eine Gaunerbande versetzte die Residenzstadt Mergentheim in völlige Aufruhr. Schließlich wurden sie gefasst und verhört. Das Verhör von Hans Hofmann von Labetshausen und seinen Kumpanen zog sich allerdings über eine längere Zeit hin. Denn die Wahrheit hielten die Mörder versteckt. Erst "in tortura", also unter Folter - so verrät das Protokoll - gestehen sie die schlimmsten Taten.
Das Geständnis unter Folter
Die Bürger der Residenzstadt Mergentheim und der umliegenden Orte sind vorsichtig geworden. Nach Sonnenuntergang verlassen sie nur ungern ihr Haus. Denn grausige Taten ereignen sich um das Jahr 1574 im Gebiet des Deutschen Ordens um dessen Residenzstadt Mergentheim. Nur selten wird darüber gesprochen. Aber man tuschelt in Mergentheim. Denn eines Morgens fehlt auf dem einen Hof ein Huhn. Tage später macht eine schreckliche Nachricht die Runde: Es gibt wieder einen Toten.
Wer versetzt eine ganze Stadt in Angst? Ist es gar einer von uns? Fragen, die sich die Bürger der Residenzstadt immer wieder stellen.
Aber es ist kein einzelner Täter, der Mergentheim und die nähere Umgebung in Angst und Schrecken versetzt. Es ist eine ganze Gaunerbande, die mordend und stehlend unterwegs ist.
Nach und nach gehen die Gauner den Behörden des Deutschen Ordens ins Netz. Sie werden festgenommen und verhört. So fasst man auch den Anführer der Truppe, den ehemaligen Schafknecht Hans Hofmann von Labetshausen. In Gaunerkreisen ist er besser bekannt unter dem Namen "Eichelkönig". Sein eigentlicher Name soll auf diese Weise geheim gehalten werden. Zudem bezeichnete man den ehemaligen Schafknecht auch als den "Meßelhauser", da er in der heute zur Stadt Lauda-Königshofen gehörenden Ortschaft Messelhausen geboren wurde. Zwei Jahre dauert es, bis alle Mitglieder der Gaunerbande dingfest gemacht sind und verhört werden. Mit der Wahrheit rücken die Verbrecher nicht so gerne heraus. "Gütlich" plaudern sie zwar so manchen Beutezug aus, wie etwa einen Hühnerdiebstahl. Aber nur "in tortura" kommen die schrecklichsten Taten ans Licht.
Die Verhörmethoden sind alles andere als sanft. Den Gaunern werden auf dem Rücken die Hände zusammen gebunden – immer ein kleines Stück weiter hoch werden die Arme geschoben, Knochen brechen. "Die Schulterkapsel wurde gesprengt". Doch dann sprudeln die Worte.
Diese sind genauso grausam wie die Verhörmethoden. Zwei Kinderherzen wollen die Gauner verspeist haben. Diese – so erzählen sie unter Folter – hätten sie zwei noch ungeborenen Kindern entnommen, die sie zuvor zwei Frauen aus dem lebendigen Leib geschnitten hätten.
Die Gaunerbande wird zum Tode verurteilt. Allen voran ihr Anführer Hans Hofmann von Labetshausen. Doch nicht geköpft werden die Verbrecher, sondern regelrecht hingerichtet, nach "mittelalterlichem Rechtssystem", erklärt Häußermann. Arme und Beine werden den Gaunern qualvoll gebrochen. Dann ließ man die Gauner in ein übergroßes Rad einflechten – und sterben.
Quellen: - Ludwigsburger Kreiszeitung vom 21.05.2005 (von Katja Sommer) - Die Akte kann im Staatsarchiv Ludwigsburg unter der Signatur B 262 Bü 12 eingesehen werden.
3. Der Fall - Monstier
Im Jahr 1551 wurde zu Paris eine junge Frau, die um Mitternacht in die Messe ging, bei der Kirche von Sainte Opportune ermordet. Ihre Ringe samt allem, was sie sonst an Kostbarkeiten bei sich hatte, wurden ihr geraubt. Der Mörder hatte ihr mit einem Hammer einen Schlag auf den Kopf gegeben und diesen Hammer neben dem Leichnam zurückgelassen. Man fand, dass er einem armen Schlosser namens Hadrian Doué zugehöre. Diese Anzeige veranlasste, dass der Schlosser auf die Folter gebracht wurde. Er bekannte nichts und wurde freigesprochen.
Allein, die Folter hatte ihn so zum Krüppel gemacht, dass er nicht mehr imstande war, zu arbeiten und im äußersten Elend sterben musste.
Mehr als zwanzig Jahre verliefen, ohne dass man die geringste Spur von dem Mörder bekam, bis ihn endlich eine neue Freveltat in die Hände des Richters lieferte. Ein gewisser Unterbedienter bei dem Steuerkammergericht namens Johann le Flammeng hatte Geschäfte auf dem Dorf Leu-Taverny bei Montmorency. Unvorsichtigerweise erzählte er während des Essens im Gasthof, in Gegenwart vieler Einwohner des Dorfes, er habe seine Frau krank zurückgelassen mit einem einzigen Aufwärter, der noch dazu ein ganz junger Bursche und beinahe noch ein Kind sei. –
Unter den Leuten, die diese Erzählung mit anhörten, war ein alter Mann namens Monstier mit seinem Schwiegersohn. Diese beiden Menschen gingen sogleich nach Hause, packten eine junge Gans auf, nahmen jeder ein Tuch voll Kirschen und liefen noch in derselben Nacht nach Paris. Vormittags um 10 Uhr kamen sie vor le Flammengs Haus und klopften an. Die Frau kam ans Fenster und fragte, was sie verlangten. Sie antworteten, sie seien von ihrem Mann abgeschickt, ihr diese Gans und Kirschen zu bringen. Der junge Aufwärter öffnete darauf die Haustür. Sie gingen hinein, schlossen hinter sich zu, fielen sogleich über den Knaben her und ermordeten ihn.
Auf das Schreien des Knaben und auf den Lärm, der durch seine Gegenwehr entstand, lief die Frau heraus auf eine Galerie, die in den Hof ging. Sie sah Blut auf dem Pflaster und fragte, was das zu bedeuten habe. „Es ist das Blut von der Gans“, rief ihr der eine von den Bösewichtern zu, während der andre die Treppe hinauf lief, um sie selbst zu überfallen. Allein sie merkte Unrat, sprang in ihre Stube, schloss sich ein und schrie aus dem Fenster um Hilfe. Sobald die Mörder dies hörten, waren sie auf nichts als auf ihre Flucht bedacht. Sie sprangen nach der Tür. Der Schlüssel steckte noch. Allein in der Angst und Eile drehten sie den Kamm ab, und nun waren sie gefangen. Der jüngere kroch in den Kamin, der andere in einen Keller und von da in einen Schöpfbrunnen. Indes sprengten die Nachbarn die Haustür auf. Man durchsuchte das Haus und zog die Mörder aus ihren Schlupfwinkeln hervor.
In vierundzwanzig Stunden war ihnen der Prozess gemacht. Das Chatelet verurteilte beide, lebendig gerädert zu werden und 300 Livres zur bürgerlichen Schadloshaltung an le Flammeng zu bezahlen. Das Parlament bestätigte das Urteil, und man führte sie sogleich zum Richtplatz. Auf dem Schafott bat der Alte noch um einen kleinen Aufschub und verlangte die Witwe des Hadrian Doué zu sprechen. Da sie kam, bat er sie noch um Verzeihung und bekannte sich als den Urheber jenes Mordes, der vor zwanzig Jahren bei der Kirche von Sainte Opportune geschehen sei, den dabei gebrauchten Hammer, setzte er hinzu, habe er am Abend vorher aus der Werkstatt des Schlossers gestohlen. Nach diesem Bekenntnis des Bösewichts, welches man sogleich zu Protokoll bringen ließ, wurde das Todesurteil an ihm vollzogen.
Die Witwe des Schlossers wendete sich hierauf an das Chatelet und verlangte eine Schadloshaltung aus dem Nachlass des Monstier. Es wurden ihr auch 400 Livres zugesprochen. Dieser Umstand gab Gelegenheit zu einem neuen Prozess. Der Nachlass des Verstorbenen war nicht hinreichend, diese doppelte Schadloshaltung, nämlich 300 Livres an le Flammeng und 400 Livres an die Witwe des Doué, davon zu bezahlen. Entweder musste also die eine Partei einen Teil von ihrer Summer verlieren, wenn die andere das Vorrecht haben sollte, die ihrige zuerst ganz wegzunehmen, oder beide mussten sich nach Verhältnis ihrer Forderung in den Nachlass des Mörders teilen.
Beide Parteien verlangten das Vorrecht. Das Chatelet erkannte es der Witwe zu. Le Flammeng appellierte aber an das Parlament. Die Witwe des Doué behauptete, der Schaden, der ihr aus dem Nachlass des Mörders ersetzt werden solle, sei schon mehr als zwanzig Jahre alt, es sei also billig, dass sie zuerst ihre Schadloshaltung bekomme. Allein Pasquier, le Flammengs Advokat, wendete dagegen ein, die Rechtfertigung des Schlossers gründe sich bloß auf die letzte Aussage des Monstier, also bloß auf eine Aussage, welcher keine völlige Glaubwürdigkeit zukomme, da der Bösewicht, der sie gegeben habe, bereits zum Tode verurteilt und folglich bürgerlich tot gewesen sei. Überdies gebe das Verbrechen eines Menschen keine Hypothek auf dessen Vermögen und auch kein solches Vorrecht vor einem anderen Gläubiger. Endlich, setzte er noch hinzu, habe die Witwe es bloß dem le Flammeng zu danken, dass die Ehre ihres Mannes wiederhergestellt und ihr eine Schadloshaltung zuerkannt worden sei, denn ohne die durch le Flammeng veranstaltete Anklage des Mörders würde man nie auf den Gedanken gekommen sein, das Monstier die Mordtat gegangen habe, deren ihr Mann angeklagt gewesen sei.
Die Sache ward endlich durch einen Ausspruch des Parlaments dahin entschieden, dass beide Parteien sich im Verhältnis ihrer Forderung in den Nachlass des Mörders teilen sollten.
Quellen: - Unerhörte Kriminalfälle (von Francois G. de Pitaval) Neue Ausgabe - S.32 - ISBN 3-937229-03-5
4. Der Fall - Christman Gniperdoliga
Der furchtbarste Raubserienmörder des "Alten Europa" war Christman Gniperdoliga oder Groperunge aus Kerpen. Seine im Lützelburger Land und Stift Trier verübten Räubereien und Morde zu Wasser und Land, an Arm und Reich währten dreizehn Jahre. Auch Gniperdoligas Geschichte wird durch eine Moritat überliefert.
Nachdem er schon in vielen Ländern gemordet hatte, erkundete er den sogenannten Fraßberg, einen Berg hoch in der Wilden (bei Bernkastel an der Mosel). Hier versteckte er sich achteinhalb Jahre. Genau wie Nirsch, von dem er sie erlernte, glaubte Gniperdoliga sich mit der Hilfe des Teufels und der Schwarzen Kunst unsichtbar machen zu können.
Er entdeckte auf dem Berg ein Höhlenloch, welches von Zwergen erbaut gewesen sein soll, sicherlich aber vom Bergbau herrührte. Hier schlug er sein Quartier auf, mit Bett und allerhand Sachen und rüst er sich mit Gewalt. Von dort und von einer weiteren Höhe aus konnte er auf alle Straßen nach Trier, Diedenhofen (franz. Thionville), Metz, Saarbrücken, Simmern im Hunsrück, Bad Kreuznach und Bacharach am Rhein sehen. Wer nicht zu dritt, viert oder zu fünft zog, war vor ihm nicht sicher. Von hier aus ermordete er Frauen und Männer und legte ein Register an, in welchem er ausführlich notierte, wie viele Menschen er umgebracht hatte, gleichsam als wollte er Rechenschaft davon geben.
Einmal überfiel er eine Jungfrau, die aus Boppart stammte und nach Trier reisen wollte. Dieser gedachte er ebenfalls das Leben zu nehmen, doch sie sollte zu seinem Schicksal werden. Schließlich gefiel ihm ihre schöne Gestalt, und er erbarmte sich. Er sprach, sie müsst bei ihm bleiben und zwang sie mit Gewalt, nach seinem Willen zu leben. Darauf führte er sie in die Höhle. Sie musste sich willig drein geben, und ihr Herz war voll Unmut. Auch musste sie ihm einen Eid schwören, auf keinerlei Weis ihn zu verraten. Gniperdoliga drohte ihr bei Verrat mit dem Leben. Die junge Frau blieb über sieben Jahre bei dem Raubmörder in der Höhle und führte ein Leben in ständiger Not und Gefahr. Sechs Kinder zeuget sie mit dem Böswicht, und jedes Mal, wenn sie eins auf die Welt brachte, tötete er das Neugeborene und fraß sein Herz.
Wenn er in den unterschiedlichen Orten auf die Märkte zog und sich nach neuen Opfern umsah, konnte ihm niemand entfliehen. Zu seinen Mördereien dung er sich zahlreiche Gesellen, die ihm halfen, das Gut in die Höhle zu bringen, aber auch die ermordete er. Meistens verabreichte er ihnen Gift und behielt so Gut, Geld, Speis und Trank. Um die Leichen verschwinden zu lassen, grub er ein Loch und warf die Toten dort hinein. Als das Weib mit traurigem Herzen eine lange Zeit in dieser Höhle und Wildnis lebte, bat sie den Böswicht Gniperdoliga freundlich, ob er sie nicht einmal in die Stadt gehen ließe. Der ansonsten grausame Mann ließ sich bereden und gestatte es ihr. Doch zuvor mußte sie ihm zwei Eide schwören - keinem Menschen zu sagen, wo sie wäre und wie es ihr erginge.
Als sie nun in die Stadt unter die Gemeinde kam, sah sie die kleinen Kinder auf der Gasse hin und her laufen. Da ging ihr der Unmut zu Herzen und sie sprach: „Ach Gott, voller Jammer muß ich täglich das Schicksal meiner unschuldigen Kinderlein sehen!“ Sie kniete sich vor einen Stein und fing bitterlich zu weinen an. Sie klagte aus brünstigem Herzen mit zusammengeschlagenen Händen Gott im höchsten Thron ihr Anliegen und ihr Elend: „Ach du getreuer Gott, du weißt ja meine Not, die ich ein lange Zeit schon erleide. Habe zwei Eide darüber geschworen, was mir im Herzen leid tut.“ Hierauf versammelten sich viele Menschen um sie und hörten ihrem Jammern zu. Das Volk fragte das betrübte Weib, was es mit ihrem Jammern auf sich habe, sie aber erwiderte: „Nur Gott im höchsten Thron und diesem Stein kann ich es klagen. Dabei will ich’s bleiben lassen.“ Hierauf brachte man sie zum Bürgermeister, dem sie ebenfalls, sich auf ihre zwei Eide berufend, nichts sagen wollte. Man holte zwei Priester und andere gelehrte Leute, die sie überredeten, ohne Gefahr an Leib und Seele ihren Eid zu brechen. Also erzählte sie vom Anfang bis zum Ende die ganze Geschichte. Da Gniperdoliga sich unsichtbar machen könne, wolle sie ihnen aber zeigen, wie sie ihn dennoch fangen könnten.
Man gab dem Weib Proviant in einem Säcklein für die Heimreise, wovon sie aß, bis sie vor die Höhle kam. Insgeheim folgten ihr 30 schwerbewaffnete Männer, Christman Gniperdoliga zu überrumpeln und gefangen zunehmen. Als sie schließlich vor die Höhle kam, bat sie ihn, angesichts des schönen Sonnenscheins herauszukommen. Gniperdoliga folgte ihren freundlichen Worten, legte sich zu ihr und schlief mit dem Kopf in ihrem Schoß ein. Nun drangen die Häscher hervor, hoben ihn von der Erde auf und nahmen ihn gefangen. Der überwältigte Verbrecher aber fauchte die Frau an: „Du meineidige Hure, ist das der Eid, den du mir geschworen hast?“
Hierauf brachte man ihn am 21. Mai 1581 nach Bergkessel (Bernkastel). Das Gut und Geld, das man bei ihm in der Höhle fand, wurde auf 70.000 Gulden geschätzt. Einen Teil vermachte man dem Spital und den Armen, einen anderen Teil übergab man dem Weib. Daneben fand man auch sein Mordregister, in dem 964 Personen verzeichnet waren, die er alle ermordet hatte. Er bekannte, er habe bei sich beschlossen, wenn er tausend Morde vollbracht hätte, wollte er das böse Handwerk aufgeben und sich mit der Beute begnügen. Zwei Jahre war er am Rhein Peter Nirschs Geselle.
Er wurde am 17. Juni 1581 mit dem Rad gestoßen, wo er auf demselben nach ausgestandener Strafe bis zum neunten Tag lebte.
Quellen:
Historische Serienmörder (von Michael Kirchschlager) 1. Auflage 2007 - S.62 - ISBN 978-3-934277-13-7
5. Der Fall - Peter Nirsch - (Der 500fache Mörder)
Im Jahr: 1581
Peter Nirsch mordete seit etwa 1575 in mehreren Ländern. Um 1580 kam er nach Franken, wo er ein hochschwangeres Weib, die aus Kitzingen stammte, bei Ochsenfurt ermordete. Er schnitt ihr mit Begier den Bauch auf, fand ein Knäblein und schnitt es ebenfalls auf. Dann nahm er das Herz des Kindes und aß es mit großen Freuden.
Die Händlein nahm er auch mit. Von hier trieb es ihn ins Elsass, wo er gleichfalls einem schwangeren Weib nachstellte, diese aber nicht erwischen konnte. Hier nahm er sich einen Gesellen. Von diesem lernte er die schwarze Kunst, und kein Mensch, so glaubte er, konnte ihm etwas anhaben, da er vom Teufel besessen war. Ein Netz, worin ein Knäblein geboren war, fraß er am Karfreitag. Von da an glaubte Nirsch, hätte er eine Frist von drei Jahren, in der ihn niemand fangen noch sehen konnte. Seine Zeitgenossen glaubten, er hätte sich auf unterschiedliche Weise verwandeln können. Oft wie ein Geiß auch wie ein Bock, oft wie ein Rapp, oft wie ein Stock, dazu noch wie eine Katze und ein Hund. Er trug eine Tasche bei sich, in der er seine Schwarzkunst mit sich führte. Kam jemand hinter sein Geheimnis, dem nahm er das Leben.
Der Autor der Moritat, der diese Geschichte zugrunde liegt, glaubte, dass Nirsch zur Ermordung schwangerer Frauen oder auch Männer zu Ross oder Fuß seine Kunst gebrauchte, denn der Teufel war sein Mitkonsort. Auf beiden Seiten des Rheins ermordete er über 200 Menschen, darunter auch neun hochschwangere Weiber, denen er die Kinder aus dem Leib schnitt. Im Würtembergerlande ermordete er 123 Menschen.
Die Beute - Waren und Geld - soll ziemlich groß gewesen sein. Von Württemberg aus zog er nach Ulm und Augsburg, wo er ebenfalls zahlreiche Morde beging. Von hier aus wandte er sich zur Donau und fuhr nach Linz, eine Mordserie hinterlassend. Schließlich soll ihn der Teufel in einen Wald und auf einen Berg, den Schlegelleiten, getragen haben. Hier ging sein Morden weiter. Er kam auch nach Österreich, wo er fünf schwangeren Weibern und vielen Menschen das Leben nahm. Seine Mordzüge führten ihn in die Nähe von Prag und ins Böhmerland, wo er 140 Menschen, darunter acht großbauchte Frauen erschlug. Von hier aus wollte er wieder zurück ins Elsaß, doch, so der Dichter der Moritat, Gott täte solches wenden, denn die Zeit und Stund war da, dass er sein Leben mußt enden.
Er kam nach Regensburg und wollte weiter nach Nürnberg. Wem er auf den Straßen begegnete, ermordete er. In Neuenmarck, fünf Meilen von Nürnberg entfernt, nahm er im Wirtshaus zur Glocken seine Herberge. Nach einem oder zwei Tagen wollte er in das Bad gehen. Zu diesem Zweck übergab er dem Herbergswirt zur Verwahrung seine Tasche mit den Schwarzkunstutensilien und das bracht ihn um sein Leben.
Als er in das Bad trat, unterhielten sich die Badegäste über die Morde, die das Umland erschreckten. Ein Kiefer (Böttcher), der ebenfalls in der Badestube saß, gab vor, die äußere Gestalt des Mörders zu kennen und nannte alle Wahrzeichen: zwei krumme Finger, ziemlich viele alte Schrammen, davon eine in der Backe. Nirsch nahm sich des Geredes jedoch nicht an. Nachdem er in die Mumlung ging und er unter den Laßköpf saß, wo man den Badenden die Haare nach Läusen untersuchte und befreite, standen zwei Bürger auf, gingen ohne zu zaudern zu dem Wirt und fragten ihn, wie sich der Gast verhielt, was für Sachen er mitgebracht hatte und welche Sachen er noch bei sich habe.
Der Wirt zeigte ihnen hierauf die Tasche, die einer der Bürger mit Gewalt öffnete. Darin waren für die Umstehenden seltsame Sachen verborgen: Kindshändlin und Herzle. Die Bürger zeigten ihren Fund daraufhin dem Pfleger oder Vorsteher der Stadt, der zuständig für die Gerichtsbarkeit war. Der bestellte geschwind acht starke Männer, die Peter Nirsch , auf einen Mistkarren banden und ihn zu sich brachten. Der Pfleger begann sofort mit dem Verhör und fragte ihn, was seine wäre. Nirsch antwortete, er käme aus Ungarn und hätte dort als Kriegsmann gedient. Man solle ihm nur seine Tasche bringen und seinen Passporten (Ausweispapiere, Geleitsbrief) lesen. Wahrscheinlich glaubte Nirsch, sich durch die Zaubermittel verwandeln oder unsichtbar machen zu können. Gleiches glaubten seine Verhörer wohl auch, denn sie verweigerten sie ihm. Um seinen Namen zu erfahren, begann man sofort ihn mittels Streckbank zu foltern. Er nannte seinen Namen - Peter Nirsch - und bekannte alle seine Morde. Nirsch gestand 520 Morde an unterschiedlichen Orten. 24 schwangere Frauen ermordete er, schnitt sie auf und hieb die Kinder in Stücken. Mit dieser Zahl Morde steht Nirsch auf Platz zwei der Liste der größten deutschen Raubserienmörder aller Zeiten. Er sollte nur von seinem Gesellen Christman Gniperdoliga übertrumpft werden.
Der Mörder wurde über den Zeitraum von zwei Tagen, beginnend am 16. September 1581, in Neuenmarck hingerichtet. Man schnitt zahlreiche Riemen aus seinem Leib. Ein Pferdchen (Rösslin) aus Messing wurde heiß gemacht, worauf er reiten musste. Man goss ihm heißes Öl in die Wunden und heißes Blei auf die Sohlen. Dann wurde er auf ein Brechen gespannt und erhielt mit dem Rad 42 Stöße. Wahrscheinlich vierteilte man ihn noch und hängte die vier Körperteile „auf die vier Straßen“, d. h. ein Stück wurde jeweils auf einen Pfahl genagelt, der an einer zur Stadt hereinführenden Straße stand.
Quellen: von Michael Kirchschlager auf www.verlag-kirchschlager.de
6. Der Fall - Georg Mentzel
Am 23. Juli 1575 wurde beim Hochgericht auf der Galgenwiese bei Braunau (Habsburg, Königreich Böhmen, Herrschaft Braunau, Kreis Königgrätz) der berüchtigte Raubmörder Georg Mentzel aus Gebersdorf mit dem Rad von unten auf hingerichtet, danach aufs Rad geflochten. Er war wegen Raubmordes in sechs Fällen sowie vielfachen Straßenraubes und Diebstahls zum Tode verurteilt worden. Mentzel war der Anführer einer Bande, die 1574 und 1575 weite Teile Schlesiens und Böhmens heimsuchte.
Auf der Heide bei Braunau lauerte er mit drei Komplizen einem Wanderer auf, erschlug ihn und beraubte ihn um fünf Taler. Zur selben Zeit verübte er in der Herrschaft Braunau zahlreiche Raubüberfälle und Diebstähle. Unweit von Ruckersdorf erschlug er einen Bauern und nahm ihm zehn Groschen ab, während er kurz darauf auf der Heide bei Schwedeldorf einen Schuhknecht mit einem Spieß erstach und ihm drei Taler raubte. Auf der Landstraße zwischen Petersdorf und Parschnitz (schles. Herzogtum Jauer) überfielen Mentzel und drei Mittäter einen Bauern, erschlugen ihn und beraubten ihn um vier Taler. Einen weiteren Bauern ermordeten und beraubten sie auf der Heide bei Wielmeßdorf, dann unweit von Kamenitz noch einen, den sie um vier Taler beraubten.
Erst im Frühjahr konnte Mentzel ergriffen werden. Unter der Folter gestand er seine Verbrechen ein. Am 23. Juli 1575 verurteilte das Stadtgericht in Braunau ihn zum Tode.
Quellen : kriminalia.de