Vom Mittelalter bis in die heutige Zeit.

Diese Seite wird noch erstellt.

Wir erstellen gerade Inhalte für diese Seite. Um unseren eigenen hohen Qualitätsansprüchen gerecht zu werden benötigen wir hierfür noch etwas Zeit.

Bitte besuchen Sie diese Seite bald wieder. Vielen Dank für ihr Interesse!








Der Fall - John M. Walton

Ein Lynchgericht. - (Nordamerika.) 1882.

In der Nacht vom 23. zum 24. April 1882 wurde in Greensburg, dem Hauptorte von Decatur-County im Staate Indiana, ein Lynchgericht vollzogen, dem auch die entschiedensten Gegner der Volksjustiz eine gewisse Berechtigung nicht absprechen werden, denn es entsprang aus dem Zorn und der Entrüstung darüber, dass Richter, Anwälte und Geschworene zusammengewirkt hatten, um einen Mörder von der verdienten Strafe zu befreien und Recht und Gerechtigkeit unter die Füße zu treten.

Ein ziemlich wohlhabender Farmer in jenem County, Namens Oskar M. Garrett, stand seit langer Zeit in einem schlimmen Rufe. Schon vor etlichen Jahren hatte er den Farmer Arnold erschossen, er war zwar vor Gericht gestellt, aber von der Jury für nichtschuldig erklärt worden. Mit der Schwester des ermordeten Arnold, der Gattin des allgemein geachteten Farmers John M. Walton, unterhielt Garrett, der selbst eine Frau und mehrere Kinder hatte, ein ehebrecherisches Verhältnis, und die ehrlose Frau schämte sich nicht einmal, mit dem Mörder ihres Bruders zu leben.

Am Abend des 9. Januar 1882 stand John M. Walton in seiner Stube am Fenster und las die Zeitung, da fiel ein Schuss und Walton brach tot zusammen. Die allgemeine Annahme war, dass Garrett und Frau Walton durch den aus Ungarn stammenden Aron Frazier, der von ihnen schon seit geraumer Zeit als Liebesbote benutzt wurde, den unbequemen Ehemann beiseite hatten schaffen lassen. Frazier wurde verhaftet und bekannte: »Garrett hat mich gedungen und mir 700 Dollars versprochen, wenn ich den Farmer Walton umbrächte. Die Hälfte des Blutgeldes sollte von ihm, die andere Hälfte von Frau Walton gezahlt werden. Ich habe den tödlichen Schuss abgefeuert und mich zu dem Meuchelmorde bestimmen lassen, weil ich eine große Familie zu ernähren habe, und folglich notwendig das Geld brauchte, und ferner dadurch, dass Garrett mich mit dem Tode bedrohte, wenn ich nicht täte, was er von mir verlangte.«

Infolge dieses Geständnisses wurden Garrett und Frau Walton zur Haft gebracht. Auf dem Wege in das Gefängnis zog Garrett einen Revolver heraus und schoss sich in den Kopf. Er brachte sich indes nur eine leichte Wunde bei, die schon nach 14 Tagen wieder geheilt war.
Die Grandjury von Decatur-County erhob die Anklage wegen Mordes gegen die drei Angeschuldigten. Der Prozess wider Garrett wurde zuerst aufgerufen, sein Anwalt stellte vor, es sei nicht möglich, in Decatur-County eine unparteiische Jury zusammenzubringen, weil die Erbitterung zu groß sei und alle Welt gegen seinen Clienten Vorurteile habe. Das Gericht stimmte ihm bei und beschloss die Verlegung des Prozesses nach der benachbarten Jennings-County. In Vernon fand die Verhandlung statt, und trotz der klaren Beweise seiner Schuld, trotz der allgemeinen Überzeugung, dass Garrett den Mord angestiftet habe, gelang es der Verteidigung, die Geschworenen irrezuführen. Die »zwölf guten Männer«, wie sie in Amerika genannt werden, sprachen den Angeklagten frei, und er kehrte zurück auf seine Farm. Bald darauf geriet er in den Verdacht der Brandstiftung, er ward abermals festgenommen, in das Gefängnis nach Greensburg transportiert, und bekannte sich schuldig. Er sagte, er habe das Nachbarhaus angezündet, weil dessen Bewohner ihm feindlich gesinnt wären und zu viel über gewisse Dinge wüssten.
Inzwischen hatten die Anwälte der Frau Walton, die noch gefangen gehalten wurde und ihrem Prozesse entgegensah, alles aufgeboten, um gegen eine hohe Kaution ihre Freilassung durchzusetzen. Der Richter Bonner in Greensburg wies indes alle Anträge ab, indem er an dem sehr verständigen Grundsatze festhielt, dass Bürgschaft für einen des Mordes Angeklagten nicht statthaft sei. Gegen seine Entscheidung wurde Berufung eingelegt, und das Appellationsgericht erkannte nach kurzer Beratung, dass Frau Walton gegen eine Kaution von 10000 Dollars in Freiheit zu setzen sei.
Die Bürgerschaft, welche schon durch das Verdikt der Jury über Garrett sehr erregt war, geriet in eine unbeschreibliche Wut. Frau Walton, die mit dem Mörder ihres Bruders gebuhlt und mit Garrett zusammen ihren Ehemann durch einen Meuchelmörder hatte erschießen lassen, sollte der Gerechtigkeit zum Hohne für eine Summe Geldes freigelassen werden! Das war denn doch zu stark. Das Volk beschloss, sich selbst Recht zu verschaffen und zunächst den ehebrecherischen Mörder und Brandstifter Garrett zu lynchen.

In der Nacht vom 23. zum 24. April 1882 stürmte eine bewaffnete Schar das Gefängnis und erbrach die Zelle, in welcher Garrett sich befand. Der letztere erkannte die Größe der Gefahr, er wehrte sich tapfer und schlug mit einem Stuhle einen der Angreifer zu Boden, aber er wurde überwältigt, hinausgeschleppt und an einem in der Nähe stehenden Baum aufgeknüpft. Der Schließer des Gefängnisses musste mit ansehen, wie der Gefangene starb. An dem Leichnam wurde ein Zettel befestigt mit dem lateinischen Sprichwort: »Fiat Justitia. pereat mundus.« Darüber stand in englischer Sprache: »Gone to meet Jesse.
Decatur sends greetings to Jennings.« »Garrett ist zu Jesse gegangen. Decatur-County sendet an Jennings-County« (von dort war Garrett freigesprochen worden) »seinen Gruß.«

Unmittelbar nach der Hinrichtung zerstreuten sich die Rächer, die ganze Sache hatte nur zehn Minuten Zeit erfordert, und der Sheriff erfuhr erst davon, als alles vorüber war.

Was aus dem Prozesse wider Frau Walton und Frazier geworden ist, wissen wir nicht.
Quellen: - Der Neue Pitaval – Achtzehnter Band (von Willibald Alexis)

E-Mail
Karte
Infos